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Regenwasserbewirtschaftung

Aktuelles

Nachhaltige Regenwasserbewirtschaftung in Siedlungsgebieten

Multifunktionale Regenwasserrückhalte- und Versickerungsanlage Regenbogenschule Taucha
Multifunktionale Regenwasserrückhalte-und Versickerungsanlage Regenbogenschule Taucha  © Stadtverwaltung Taucha

Der Umgang mit Regenwasser in Siedlungsgebieten befindet sich im Wandel. Während in der Vergangenheit aufgrund großer historischer Flutkatastrophen die schnelle Abführung des Wassers zur Vermeidung von Überflutungen im Vordergrund stand, wird heute immer deutlicher, dass Regenwasser eine wertvolle Ressource ist, die genutzt und nicht auf dem kürzesten Wege abgeleitet werden sollte. Aufgrund der starken und zunehmenden Bodenversiegelung in den Siedlungsgebieten ist der Wasserhaushalt vielerorts aus dem Gleichgewicht geraten. Die heutige mit Blick auf den Klimawandel verfolgte nachhaltige Strategie orientiert auf eine möglichst umfassende Rückhaltung und Verwendung des Regenwassers vor Ort.

Die Broschüre »Vom Umgang mit Regenwasser – Ressource und Gefahr« greift dieses Thema auf und stellt Beispiele guter fachlicher Praxis aus verschiedenen Kommunen vor.

Grundsätzliche Ziele

Retentionsmulden in der Kräutersiedlung Gorbitz
Retentionsmulden in der Kräutersiedlung Gorbitz  © Foto: Steffi Förtsch/SMEKUL

Grundsätzlich sollte Regenwasser in seinem Abfluss verzögert und möglichst vor Ort versickert oder genutzt werden. Wo das nicht möglich ist (z. B. im eng bebauten städtischen Raum), müssen technische Anlagensysteme zur Regenwasserrückhaltung und -behandlung mit dem Ziel der Abflussverzögerung und erforderlichenfalls Reinigung des Regenwassers errichtet und betrieben werden. In Fällen seltener Starkregen- und Extremereignissen reichen Retentions- und Versickerungssysteme allein jedoch nicht mehr aus, hier sind öffentliche Ableitungssysteme und zur Gefahrenabwehr Maßnahmen zum Überflutungsschutz und zur Schadensbegrenzung erforderlich.

Aus wasserwirtschaftlicher Sicht sind geeignete versickerungsfördernde Maßnahmen insbesondere für normale bis stärkere Regenereignisse zu unterstützen. Einer zunehmenden Bodenversiegelung ist u.a. durch Entsiegelungsmaßnahmen entgegenzuwirken. Parkplätze, Stellplätze und Grundstückszufahrten sowie Fuß- und Radwege in Grünanlagen sollten wo möglich wasserdurchlässig (z. B. durch Pflaster ohne dichten Fugenverguss, Rasengittersteine, ggf. auch sandgeschlämmte Kies- oder Schotterdecken) gestaltet werden.

Breitflächiges Versickern des Regenwassers unter Ausnutzung der Filtereigenschaften des Bodens bietet den besten Schutz gegen regenwasserbedingte Verunreinigungen des Grund- und Oberflächenwassers. Es ist daher dem punktförmigen Versickern, dem Versenken oder dem Einleiten in ein Oberflächengewässer vorzuziehen. Bei fehlenden natürlichen Voraussetzungen für eine flächige Versickerung sind möglichst nahe am Anfallsort kulturbauliche Maßnahmen zur Unterstützung der Versickerung vorzusehen. Zum Beispiel können Flächen für die Aufnahme und Versickerung von Wasser geschaffen werden (beispielsweise durch Entsiegelungs- und Begrünungsmaßnahmen).

Einrichtungen (z. B. Mulden oder Rigolen) sind flächenhaft naturnah auszubilden und unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten und der landschaftspflegerischen und ökologischen Belange zu gestalten. Sie sollten als neue Lebensräume für Pflanzen und Tiere ausgebildet werden.

Maßnahmen in dichter Bebauung

Naturspielraum Weidigtbach Kräutersiedlung Gorbitz
Naturspielraum Weidigtbach Kräutersiedlung Gorbitz  © Foto: Steffi Förtsch/SMEKUL

In dicht bebauten Gebieten soll in der Regel das Regenwasser von Hauptverkehrs- und Durchgangsstraßen, von stark frequentierten Parkplätzen und von weiteren befestigten öffentlichen oder privaten Verkehrsflächen mit stärkerer Verschmutzung (z. B. bei gewerblicher und industrieller Nutzung) gesammelt und ggf. behandelt werden. Beim Trennsystem erfolgt die Behandlung in möglichst dezentralen Regenwasserbehandlungsanlagen und bei Ableitung im Mischsystem in der Regel auf der zentralen Kläranlage. Die Auswahl des geeigneten Verfahrens ist Ergebnis einer ökologischen und wirtschaftlichen Optimierung.

Regenwasser von nur gering verschmutzten Flächen und Dachablaufwasser ist vorrangig örtlich zu versickern. Soweit das Sammeln des Regenwasser von den weniger verschmutzten Flächen - aufgrund der dichten Bebauung und fehlender Flächen für eine Versickerung - unvermeidbar ist, soll es in der Regel ohne besondere Behandlung auf möglichst kurzem Wege in einen geeigneten Vorfluter abgeleitet oder an anderer Stelle genutzt oder versickert werden, wenn nicht im Einzelfall eine Ableitung mit dem Schmutzwasser (Mischkanal) aufgrund örtlicher Gegebenheiten die wirtschaftlichere oder die erwünschte Lösung (Spüleffekt) darstellt.

Maßnahmen in offener Bebauung

Regenwasser von Straßen und Wegen in offener Wohnbebauung soll ungehindert über die Fahrbahnränder abfließen oder durch die Anwendung geeigneter alternativer Befestigungsarten breitflächig versickern. Soweit Bebauung, Untergrundverhältnisse und Straßenkörper dies nicht zulassen, ist es optionale Aufgabe der Stadtplanung dies zu organisieren. Falls ein breitflächiges Versickern nicht durchführbar ist, soll wenig verschmutztes Regenwasser von Grundstückszufahrten und Wohnstraßen möglichst über Versickerungsanlagen (z. B. über Mulden) mit Bodenpassage breitflächig in den Untergrund eingeleitet werden. Bei Anfall stärker verschmutzten Regenwassers kann anstelle einer Ableitung mit dem Schmutzwasser auch die dezentrale Beseitigung, z. B. über ein Regenklärbecken, als wirtschaftlichere Lösung in Frage kommen.

Maßnahmen außerhalb geschlossener Ortschaften

Regenwasser von befestigten Flächen bzw. Dächern außerhalb geschlossener Ortschaften soll nur bei Vorliegen zwingender Gründe (z. B. Brücken, Einschnittstrecken, mehrbahnige Straßen mit Mittelstreifenentwässerung, Trinkwasserschutz) gesammelt und abgeführt werden. Das Regenwasser kann in der Regel unter Berücksichtigung einer möglichst naturnahen Gestaltung – bei geeigneten Bodenverhältnissen vorzugsweise in Geländemulden – unter Ausnutzung der Filtereigenschaften des Bodens versickern. Eine Versickerung ist der direkten Einleitung in ein Fließgewässer vorzuziehen.

Bodenfunktionen in der »Schwammstadt«

Die Kühlleistung von Böden und Vegetationsflächen gewinnt angesichts zunehmender Hitzeperioden immer mehr an Bedeutung. Die Böden sind Träger natürlicher Funktionen für Menschen und mehr Biodiversität in der Stadt. Sie sind Grundlage für die Ausprägung und Regulierung des Stadtklimas. Die wassersensible Stadt - häufig auch als Schwammstadt-Prinzip bezeichnet - hat deshalb zum Ziel, mehr Grünflächen in versiegelter Umgebung zu schaffen, um die Hitzevorsorge und Wasserrückhaltung zu verbessern.

Aus diesem Grund wurde vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) eine Studie in Auftrag gegeben, in der die praktischen Möglichkeiten und Voraussetzungen für die Umsetzung von Schwammstadtmaßnahmen in Sachsen anschaulich erarbeitet wurden. Die Studie »Bodenfunktionen in der Schwammstadt« gibt einen Überblick über die Funktion des Bodens als ökosystemare Dienstleistung und kann unter folgendem Link als Publikation heruntergeladen werden.

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