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Grundwasserneubildung

Zur wasserwirtschaftlichen Planung werden vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie landesweit Messdaten und Modellierungen von Wasserhaushaltsgrößen erfasst und frei zugänglich bereitgestellt. Der GWN-Viewer ist ein Werkzeug zur Visualisierung, Analyse und Bereitstellung der Wasserhaushaltsdaten. Das Ziel ist, die Abschätzung von Wasserhaushaltsgrößen, wie z.B. der Grundwasserneubildung, effektiv zu unterstützen.

Fragen und Antworten zu möglichen Änderungen der Grundwasserneubildung in der Zukunft

Regionale Klimaprojektionen werden durch ein Downscaling globaler Klimamodelle (GCM) generiert. Dazu gibt es grundsätzlich zwei Methoden: Das dynamische Downscaling (»Nesting« mittels dynamischer Regionalmodelle (RCM)) und das Empirisch-Statistische Downscaling (ESD). Regionalmodelle zeigen in Sachsen, dass unabhängig vom Antrieb durch das GCM die dynamischen Regionalmodelle die Tendenz zu einer hohen Feuchte und die statistischen Regionalmodelle die Tendenz zu einer niedrigen Feuchte haben.
Die methodische Unsicherheit der Niederschlagsmodellierung und die Spannweite der Emissionsszenarien für das 21. Jahrhundert mit den unterschiedlichen räumlichen und zeitlichen Mustern der regionalen Klimaänderung erfordert eine für die jeweilige Fragestellung individuelle Interpretation (z.B. konservative Annahmen bei sensiblen bzw. kritischen Zielgrößen) der Entwicklungskorridore der Klimakenngrößen.

Im Gegensatz zur Temperatur ist beim Niederschlag aus der Gesamtheit der Projektionen kein eindeutiger Trend des Jahresniederschlags für Sachsen ableitbar [1]
Die Beobachtung zeigt im Gebietsmittel von Sachsen bisher Tendenzen der Abnahme des Niederschlages in der Vegetationsperiode 1 (April-Juni) (Frühsommertrockenheit) und im Winterhalbjahr seit dem Jahr 2000 eine markante Abnahme der Variabilität, bei der nasse als auch trockene Winterhalbjahre nicht mehr vorgekommen sind. Ausnahmen sind die trockenen Winterhalbjahre 2013/14 und 2014/15. Bei den Halbjahren, als auch bei der Jahresniederschlagssumme sind für die Zukunft eine Abnahme als auch eine Zunahme des Niederschlages möglich.
Zum Beispiel gibt der Regionale Klimaatlas Deutschland der Helmholtz-Gemeinschaft [1] folgende, für die Jahreszeiten gleichlautende, Einschätzung für das Flächenmittel des Jahresniederschlages von Sachsen:
»Nach dem aktuellen Stand der Forschung ist die Änderung des Niederschlags bis Mitte des 21. Jahrhunderts 2021-2050 (2071-2100) im Jahresmittel im Vergleich zu heute (1961-1990) unklar. Einige Modelle zeigen eine Zu- andere eine Abnahme. Die Spannbreite dieser Änderung kann zwischen -10% und +19% (-14% und +30%) liegen. Innerhalb dieser Spannbreite sind alle Änderungen aus heutiger Sicht plausibel. Die mögliche mittlere Änderung beträgt +5% (+6%). Die mögliche mittlere Änderung ist nicht wahrscheinlicher als andere Werte innerhalb der Spannbreite.  Dieses Ergebnis beruht auf der Annahme bestimmter Treibhausgaskonzentrationen unter Verwendung bestimmter Klimarechenmodelle« (letzter Aufruf 12.09.2023)
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) empfiehlt für die Definition der Spannweite möglicher Niederschlagsänderungen die Betrachtung des 15- und 85- Perzentils aus dem DWD-Ensemble der Klimaprojektionen. Weiterhin hat der DWD für und im Auftrag der Bundesländer Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt das „Mitteldeutsche Kernensemble“ (MDK) gebildet [2], [3]. Mit dem Fokus auf Mitteldeutschland war ein grundlegendes Kriterium, das die Klimaprojektionen alle zur Wasserhaushaltsmodellierung erforderlichen Kenngrößen und ab 1961 Datenverfügbarkeit aufweisen. Im MDK liegt die Spannweiter möglicher Änderungen des mittleren Jahresniederschlages von Sachsen gegenüber 1961-1990 für 2021-2050 bei -6% bis +12% und für 2071-2100 bei -10% bis +15%.
Darüber hinaus gibt es weitere spezifische Ensembles ausgewählter Klimaprojektionen für Deutschland bzw. Europa.

 

© ReKIS

Klimaprojektionen stellen keine Prognosen taggenauer Werte dar (kein »Wetterbericht«), sondern geben Auskunft bezüglich der zu erwartenden Änderung von Mittelwerten, Extremwerten und Andauern. Deshalb kann es für unterschiedliche Fragestellungen auch zu unterschiedlichen Empfehlungen der Spannweitenbetrachtung kommen. Beispielsweise steht beim Hochwasserschutz der Niederschlag extremer Nasswitterung zur Debatte, während für die Abschätzung von Wasserspiegelschwankungen zur Sicherung der Standsicherheit von Wasserspeichern auch die Ausprägung extremer Trockenwitterung bedeutsam ist.
Der GWN-Viewer soll dazu dienen, die errechneten Bandbreiten der Wasserhaushaltsdaten zu visualisieren und damit eine Einschätzung je nach Anwendungsfall zu ermöglichen. Für das Grundwasserdargebot und seine Nutzungen steht dabei die Versorgungssicherheit im ungünstigen Fall (»worst case«) im Vordergrund. Für die Bewertung des Grundwasserdargebots und die Nutzungen der Grundwasserressourcen sollte unter dem Aspekt der Versorgungssicherheit der konservative Fall (»worst case«) im Vordergrund stehen. Mit dem Vorhaben KLIWES 3.0 sollen in 2024 mit dem Mitteldeutschen Kernensemble (MDK) auch Wasserhaushalts-Simulationen für Klimaprojektionen zunehmender Niederschläge bereitgestellt werden.

Im Vorhaben KLIWES 1.0 wird die für Sachsen erzeugte Klimaprojektion WETTREG 66 zur Wasserhaushaltsmodellierung angewandt. Im Zeitraum 1961 – 2100 zeichnet sich die Klimaprojektion im Gebietsmittel von Sachsen durch 3,8 K Temperaturanstieg sowie eine stete Abnahme des Niederschlages im Sommerhalbjahr um -15 % aus. Der Niederschlag im Winterhalbjahr weist keinen statitisch signifikanten Trend auf. Damit kommen in WETTREG 66 in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts keine nassen Jahre mehr vor.
Von dem räumlichen Gebietsmittelwert sind die regional-lokalen Abweichungen zu beachten. Mit dem GWN-Viewer können dafür über frei wählbare Zeiträume Karten der räumlichen Differenzierung im Trendverhalten als auch Diagramme mit den Zeitreihen von Gebietsmitteln auswählbarer Subraumbezüge erzeugt und heruntergeladen werden.

Die potentielle Verdunstung wird über regional unterschiedlich geeignete Formeln bestimmt. Für Sachsen stellt das regionale Klimainformationssystem ReKIS [1] die Grasreferenzverdunstung (ATV-DVWK-M 504) als die zum Vergleich dienende rechnerische Verdunstung sowie die ETP nach Turc-Wendling (ATV-DVWK-M 238) bereit. Der absolute Wert der ETP hängt von der angewandten Berechnungsvorschrift und wie diese den Einfluss von Temperatur, Strahlung, Wind und Luftfeuchte auf die Verdunstung bei unlimitierter Wasserversorgung wiedergibt ab.
Die Transpiration der Wälder der sächsischen Mittelgebirge stieg seit Anfang der 1990er Jahre so stark an, dass die reale Verdunstung in den Waldgebieten im Anstieg als auch im Absolutwert deutlich höher als bei der potenziellen Verdunstung liegt. Hierbei sind pflanzenphysiologische Prozesse wirksam, welcher mit den Berechnungsvorschriften der ETP nicht abgebildet werden.

Im Zeitraum 1961 – 1990 weist das Gebietsmittel der Grundwasserneubildung in den messtechnisch überwachten Einzugsgebieten eine trendfreie, natürliche Schwankung auf. Mit der Überlagerung dieser Schwankungen durch den Anstieg von Temperatur und Sonnenscheindauer ist in Sachsen nach 1990 ein systematischer Rückgang der Grundwasserneubildung zu beobachten. In der Dekade 2011-2020 liegt die Abnahme gegenüber der noch trendfreien Referenzperiode mittlerweile landesweit gemittelt um die 30 %. Regional sowie lokal in sehr kleinen Bilanzgebieten können bei Dominanz spezifischer Gebietseigenschaften deutliche Abweichungen vom dem mittleren, großräumig zu beobachtenden Rückgang der Grundwasserneubildung auftreten.
Es ist möglich, dass insbesondere im Tiefland die Grundwasserneubildung in Perioden bisher trockener Jahre im Laufe des 21. Jahrhunderts über bewirtschaftungsrelevante Zeiträume statistisch als Mittelwert einzustufen sein wird. Deswegen bedarf es neben der Betrachtung von Szenarien zukünftig möglicher Klimazustände eines laufenden und fundierten Monitorings der weiteren klimatischen und hydrologischen Entwicklung in Sachsen.

Die ausschließliche Angabe relativer Änderungssignale ist für Fragestellungen der wasserwirtschaftlichen Bewirtschaftung unzureichend und kann irreführend sein. Es muss der absolute Betrag des Referenzwertes oder der des relativen Änderungssignales mit angegeben werden. Grund ist, dass mit dem Einsatz von Wasserhaushaltsmodellen eine große Spanne möglicher Simulationsergebnisse verbunden sein kann, sodass z.B. 50 mm/a Änderung der simulierten Grundwasserneubildung bei einem Wasserhaushaltsmodell 50 % und bei einem anderen 30 % Änderung bedeuten können. Dabei kann es sich um unplausible Modellergebnisse handeln, deren Verwendung für Klimafolgen kritisch ist.
Da die lokale Grundwasserneubildung stark von den jeweiligen hydrogeologischen Gegebenheiten abhängt, ist die Übertragung der großräumigen, integrierten Änderungssignale auf kleinräumig, lokale Gebiete in vielen Anwendungsfällen nicht zu empfehlen.
Die Angabe absoluter Werte ist zur aussagefähigen Schätzung eines Klimaimpacts unverzichtbar.

Zur Bilanzierung des in einem Bilanzgebiet zur Verfügung stehenden Grundwassersdargebotes ist das Gesamtjahr erforderlich. Das Beispiel in der Tabelle zeigt, dass im Einzugsgebiet des Pegels Garsebach/Triebisch in den Perioden 1961-1990 und 2011-2020 ca. 25 % des Grundwassers im Sommerhalbjahr neu gebildet werden und einen nicht vernachlässigbaren Anteil ausmachen kann.
Auch die Auswirkungen klimatischer Änderungen auf die Grundwasserneubildung werden ohne das Sommerhalbjahr nur unvollständig erfasst, gleichwohl sich der Rückgang der GWN in dem Beispiel aus dem sächsischen Tiefland hauptsächlich im Winterhalbjahr zeigt.

Mittelwerte der Perioden 1961-1990 und 2011-2020 von Grundwasserneubildung (GWN) im Jahr, Winter- und Sommerhalbjahr (WHJ, SHJ) sowie von Niederschlag (P), Gesamtabfluss (R), der Differenz P – R (ETR ± ds), potentieller Verdunstung nach Turc-Wendling und der Jahresmitteltemperatur im Einzugsgebiet des Pegels Garsebach/Triebisch mit absoluter und relativer Änderung (Daten: GWN-Viewer, ReKIS)
  1961-1990 2011-2020 Änderung [mm] Änderung [%]
Grundwasserneubildung / Sickerwasser
GWN [mm/WHJ] 118 69 -49 -41,5
GWN [mm/SHJ] 38 25 -13 -34,2
GWN [mm/a] 156 94 -62 -39,7
Kenngrößen des Gebietswasserhaushaltes
P [mm/a] 780 770 -10 -1,3
R [mm/a] 206 132 -74 -35,9
ETR ± ds [mm/a] 574 638 +64 +11,1
ETP [mm/a] 630 708 +76 +12
T [°C] 8,4 10,0 1,6 k.A.

Fragen und Antworten zum Modell ArcEGMO

Im Wasserhaushaltsmodell ArcEGMO [1] sind der Speicher RG2 für den langsamen grundwasserbürtigen Abfluss sowie der Speicher RG1 für den schnellen grundwasserbürtigen Abfluss definiert. Der aus dem Niederschlag stammende Zufluss (Abflussbildung) der Speicher von RG2 und RG1 wird von ArcEGMO nur summarisch als Sickerwasser ausgegeben. Den Speicherabfluss (Abflussverlauf) gibt ArcEGMO getrennt für RG2 und RG1 aus. Im GWN-Viewer wird für DIFGA [2] (Messwerte) die Abflussbildung mit rg2 und rg1 bezeichnet und der Abflussverlauf mit RG2 und RG1. Somit entspricht die Summe aus rg2 und rg1 in DIFGA dem Sickerwasser SW in ArcEGMO. Im Einzelfall kann die schnelle grundwasserbürtige Abflusskomponente RG1 von ArcEGMO auch im hypodermischen Abfluss RH ausgegeben werden. Im Einzugsgebiet der Lausitzer Neiße erfolgt dies in KLIWES 2.0 systematisch.
Für die GWN gilt im GWN-Viewer folgende Konvention:
Im Lockergestein ergibt sich die GWN aus der Summe RG2+RG1. Im Festgestein wird im GWN-Viewer die Konvention GWN = RG2 angewandt (s.a. Infobutton der Legende im GWN-Viewer zur GWN). Von der Konvention im Festgestein ist abzuweichen, wenn ein Anteil oder das gesamte RG1 zur GWN beiträgt.
Erläuterung zu einem negativen RG2-Anteil an der mittleren GWN in ArcEGMO:
Insbesondere bei der Anwendung niederschlagsarmer Klimaprojektionen ist zu beachten, dass die Zunahme der Verdunstung in ArcEGMO ausschließlich aus dem Speicher RG2 gemäß der dafür parametrisierten kapillaren Aufstiegsrate erfolgt; und das ohne Wasserlimitierung aus dem Bodenwasser. Ist die Verdunstungszehrung nicht mehr durch RG2 gedeckt, wird RG2 negativ und wird die simulierte Verdunstung außerdem höher als der Niederschlag wird auch die Bilanz für den Gesamtabfluss R = RG2 + RG1 + RD negativ. Die Interpretation negativer Werte von RG2 sowie des Falls ETR > P ist Fallspezifisch unterschiedlich. Da es zusätzliches Wasser zum Niederschlag bedeutet, können als Erklärung z.B. Uferfiltrat, GW-Anreicherungsbedarf, Zehrung statischer GW-Vorräte aber auch eine zu hohe Simulation der Verdunstungszehrung im Modell in Betracht kommen.

 

Fragen und Antworten zur Anwendung des GWN-Viewers

Da die Grundwasserneubildung eines Einzugsgebietes nicht direkt gemessen werden kann, ist zu ihrer Ermittlung die vergleichende Heranziehung mehrere unterschiedlicher Methoden sinnvoll. Dazu gehören z.B. neben der Simulation mit unterschiedlichen Wasserhaushaltsmodellen auch die Anwendung numerischer Grundwasserströmungsmodelle, die Abflusskomponentenseparation, empirische Verfahren, Tracer, Lysimeter und weitere Verfahren.
Zur Plausibilitätsprüfung kann speziell im GWN-Viewer auch der Niederschlagsdatensatz genutzt werden. Mit Kenntnis des Gebietsniederschlages und seiner Wirksamkeit zur Sickerwasserbildung (Quotient SW/P) ist bereits grob einschätzbar, in welchem Bereich eine plausible Grundwasserneubildung zu erwarten ist. Je nach Gebietseigenschaften variiert der SW/P-Quotient im sächsischen Tiefland zwischen 0,75 bis 0,15 und kann im Mittelgebirge bis in den Bereich von 0,3 bis 0,4 ansteigen.

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